Den
geliebten Beaujolais aus einem dickwandigen Wasserglas genießen?
Oder den hochgeschätzten Talisker aus der Sektschale schlürfen?
Allein
die Vorstellung wird bei einigen Lesern für herab gezogene
Mundwinkel sorgen. Was im Kreis der Liebhaber geistiger
Getränke längst ein Teil der Kultur geworden ist, schafft bei
Anhängern der Leidenschaft Pfeife immer noch gelegentliche
Verwirrung. Gerade bei den Rauchern, die noch nicht so lange dem
Tabakgenuss aus "Rauchhölzern" frönen.
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Copyright: Peter Lehmann |
Natürlich
reicht für den Genuss aller Tabakarten auch die berühmte
"Universalpfeife" mittlerer Kopfgröße. Reichen würde für
alle Getränke aber auch das oben erwähnte, Wasserglas. Wer den
Genuss steigern und die Möglichkeiten dazu ausreizen will, der
sollte experimentieren. Und wer wirklich Leidenschaft für Tabak und
Pfeife entwickelt hat, wird das auch gern tun. Ich möchte hier mal
meine Erfahrungen und Meinungen zum Thema
Pfeifengrößen/Tabakschnittarten erläutern.
Teil
1- Klein, aber fein
Kleine
Pfeifenköpfe sind wieder im Kommen. Die Industrie hat eine Nische
entdeckt und argumentiert damit, dass "dem Pfeifenraucher heute
kaum noch Zeit für seinen Genuss bleibt" und rät ihm zu
kleinen Köpfen - für den "schnellen Pfeifenspaß
zwischendurch". Selten fand ich eine Marketing-Idee
schwachsinniger. Also für mich schließen sich "auf die
Schnelle" und der Genuss einer Pfeife automatisch gegenseitig
aus. Doch jeder, wie er mag.
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Das
einem die Pfeifen "von früher" oft sehr klein vorkommen
und das Traditionsunternehmen wie Dunhill die Größe 1 als ganz
normal ansehen, hat einen einleuchtenderen und besseren Grund, als
den oben zitierten Werbe-Blödsinn.
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Früher
gab es einfach viel mehr fein und sehr fein geschnittene Tabake
...und im Bereich gerade der englischen Mischungen ist das auch heute
noch so. Wer sich das aktuelle Schnittbild vom "Early Morning
Pipe", oder der "Royal Yacht Mixture" ansieht, wird
das schnell feststellen.
Abgesehen
davon, dass solche Mischungen gern "ordentlich Gehalt"
haben und somit ein größerer Kopf gern des Guten zu viel sein
könnte, geht es auch um die Art, wie man solche Tabake rauchen
sollte. Feingeschnittene Mixturen verglimmen heißer als ihre
gröberen Brüder. Daher empfiehlt sich ein besonders bedachtes,
ruhiges Rauchen, um Pfeife und Mischung kühl zu halten. Wer nun auf
diese Weise einen "kleinen" Kopf zu Ende raucht, stellt
schnell fest, wie rasch zwei Stunden vergehen können. Gute
Kontrollierbarkeit der Temperatur, genügend Entfaltungsmöglichkeit
für feine Schnitte, gut ausreichende Rauchzeiten... so ergänzen
sich feine Tabakschnitte und kleine Köpfe zu einer optimalen
"Genuss-Kombination".
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Das
gilt nicht nur für die hier im Bild gezeigten "Pfeifen-Klassiker",
sondern auch für die aktuell so beliebten Lesepfeifen der
Fantasy-Fraktion, die, sollen die Proportionen stimmen und die
Kopfformen "klassisch" sein, auch eher kleine Füllvolumen
aufweisen.
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Ein
"Spezialfall" sind die Flake-Pfannen. In "Flake-Fanzirkeln"
wird trefflich darüber gestritten, ob diese Pfeifen wirklich das
Nonplusultra in Sachen Flake-Genuss darstellen.
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Sie
zeichnen sich in erster Linie dadurch aus, dass ihre Bohrungsweite
deutlich größer ist, als ihre Tiefe. In einzelnen Fällen mag das
für optimale Platzverhältnisse geknickter und gefalteter
Flake-Päckchen sorgen, doch sobald die Maße übertrieben werden,
sorgen diese Pfeifen oft eher für Probleme, denn für sorglosen
Umgang. So befindet sich eine Winslöw-Pfanne in meinem Besitz, die
bei 25 mm Bohrungsweite gerade mal 16 mm Tiefe aufweist. Optisch eine
Besonderheit... in der Praxis für Flakes nahezu unbrauchbar.
Etliche
"Flaker" (zu denen ich mich auch zähle) bevorzugen
mittlerweile Bulldogs, Bullcaps, Pots, Brandys etc. in "klassischem"
Größenzuschnitt, um ihrer Flake-Leidenschaft zu frönen. Übrigens
gern auch ohne konische Böden, über deren "Flake-Tauglichkeit"
die Meinungen auch sehr weit auseinander gehen.
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Bei
"gebröselten" Flakes eher unwichtig, bieten diese
Pfeifenarten oftmals etwas
mehr Bohrungsweite als Höhe. Sie sind, sozusagen, leicht
"überquadratisch"... aber trotzdem hoch genug, um einem,
gefalteten Flakepäckchen ein gutes Unterkommen zu bieten. Man sieht
also, dass die kleinen Pfeifengrößen sehr wichtig sind, will man
Tabake eher klassischen Zuschnitts (und gern mal kräftigen Gehaltes)
unter perfekten Bedingungen genießen. Mit Eile und/oder der
neuerdings als so erstrebenswert angesehenen "25 Minuten-Pfeife"
hat das gar nichts zu tun.
Teil
2 - Die "normale" Größe in besonderer Vielfalt
Wer
es liebt, sich durch die dänischen Mischungen moderner Prägung zu
probieren, wer einen sanfteren Flake gern mal gut "aufbröselt",
wer Ready Rubbed Tabake schätzt, wird mit Pfeifen mittlerer Größe
besonders glücklich. Die Vielfalt der Formen ist unerschöpflich.
Von "größer geratenen" Klassikern, über typisch
"dänische Stile" bis zur absoluten Freiform.
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… und
auch die Auswahl passender Tabake ist gewaltig. Zumeist sind
modernere Mixturen im Bereich zwischen 2 und 3 Millimeter
Schnittbreite angesiedelt - ihnen kommt zur perfekten
Aromaentwicklung eine Pfeife mittlerer Größe genauso goldrichtig,
wie den sanft "eingerieselten" Truffles oder feineren
Cross-Cuts.
Mehr
Füllvolumen brauchen diese Tabake nicht, es wäre häufig dann auch
"des Guten zu viel"... weniger Volumen reicht ihnen oft
nicht, um ihr ganzes
Aroma zu entwickeln -
was schade wäre. Ob man sich im Bereich "normale" Größe
nun eher zum unteren oder zum oberen Grenzbereich hingezogen fühlt,
ist eher abhängig vom persönlichen Geschmack und der gewünschten
Rauchzeit. Fest steht, dass auch die "normalen" Pfeifen
eigentlich Spezialisten sind und nur mit den passenden Tabaken den
maximal möglichen Genuss bieten.
Teil
3 - "Bigger is better"?
Es
gibt sie... die "Fraktion der Groben" unter den Tabaken.
Die "Broad Cuts", "Wild Cuts" und Co. Mischungen,
die auch vor einer Schnittbreite von vier und mehr Millimetern nicht
zurück schrecken. Meist hinterlassen sie beim Raucher aber keinen
bleibenden Eindruck. Weil sie sich in Pfeifen mittlerer Größe nicht
wirklich entfalten können. Sie haben dort nicht genug "Luft",
um zu zeigen, was wirklich in ihnen steckt. Noch dazu sind sie, wenn
überhaupt, eher sanft aromatisiert. Wenn sie dann nicht "artgerecht"
genossen werden, sorgen sie oft für Langeweile in der Pfeife.
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Hier
schlägt die Stunde der "Großkopfeten", der Giants, wie
sie heute gerne genannt werden. Stop! Jetzt bitte nicht sofort den
Kopf schütteln. Ich meine nicht die Bents im Format eines
Tenorsaxophons, oder die Billiards mit dem Fassungsvermögen eines
mittleren Blumentopfes. Die "Szene", die sich in den USA
rund um die Produkte des Hauses "Boswell" gegründet hat,
mag ja ganz putzig sein, stellt aber eher nicht den Pfeifengenuss in
den Vordergrund. Man kann die hier gemeinten Giants durchaus auch
optisch zurückhaltender gestalten.
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Wenn
bei der "Fingerprobe" des Füllvolumens der Mittelfinger
oder der Daumen beinahe zur Gänze im Kopf verschwinden, dann
sind wir bei der Pfeifengröße, die diesen Mixturen besonders
entgegen kommt. Eher etwas lockerer gestopft, entfalten diese groben
Mischungen (Kritiker nennen sie gern auch "Rasenschnitt")
in solchen Köpfen Aromen und Feinheiten, die man ihnen kaum
zugetraut hätte.
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So
werden Tabake, wie z.B. die "Hamburger" von DTM, der
"Springwater", der "Ocean Queen" von Aylesbury
und sogar der "Indian Summer" zu einem echten
Erlebnis...und die Giants zu unverzichtbaren Werkzeugen für einen
exquisiten Genuß!
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Jeder
Raucher genießt seine Tabake anders. Das ist mir klar und gut so.
Ich wollte auf diesem Wege einfach mal meine persönliche
Sicht
darstellen. Meine Theorie, wie man den Genuss noch steigern kann,
wenn "Gefäß" und "Inhalt" aufeinander
abgestimmt sind. Einen
Versuch ist es wert, denke ich!
Ihr
Ralligruftie
Autor:
Ralf Dings